"Charakteristisch für das frühe Kindesalter sind unkomplizierte Infektionen der oberen Atemwege" - so beschreibt die Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie in ihrem aktuellen Handbuch den Verlauf der Influenza bei Klein- und Schulkindern (DGPI 2018) - warum empfiehlt ihr Vorsitzender, Johannes Hübner, in einem vielzitierten Zeitungsinterview diese Impfung dennoch plötzlich nachdrücklich: "Ich empfehle allen Eltern, ihre Kinder in diesem Jahr gegen Influenza impfen zu lassen" (WELT am Sonntag, 30.08.2020)? (Achtung, Spoiler: Ich weiß es auch nicht...).
Auch wenn angesichts der aktuellen Diskussion über die Masernimpfpflicht andere Themen etwas in den Hintergrund rücken: eine große europäische Metaanalyse untersuchte die Wirksamkeit des aktuellen Grippeimpfstoffs in der aktuellen Saison und kam zu noch schlechteren Ergebnissen als üblich.... (Kissling 2019)
Sie gehören zum Jahreslauf wie die zeitgleich im September in den Supermärkten auftauchenden Lebkuchen: die ubiquitär und multimedial erhobenen Zeigefinger, die zur alljährlichen Grippeimpfung mahnen. Nun zeigen neuere - und wiederentdeckte gar nicht so neue - Studien, dass es eine weitere Parallele zwischen dem weihnachtlichen Süßgebäck und der Grippeimpfung gibt: allzuviel ist ungesund. Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die jährliche Wiederholung der Grippeimpfung deren (ohnehin sehr schlechte) Wirksamkeit in vielen Fällen noch einmal spürbar verringert.
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Was im Frühjahr die so ritualisierten wie hochlukrativen Panik-Kampagnen zur FSME-Impfung, sind im Herbst die PR-Lawinen zur (noch viel lukrativeren) Grippe-Impfung - egal ob Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die Deutsche Apotheker-Zeitung oder die "normalen" Medien: ein Überleben des Winters ohne Grippeschutzimpfung, so die einmütige Botschaft, scheint mehr als fraglich.
Nachdem die Grippeimpfung von Kindern, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen bis jetzt jeden überzeugenden Beweis einer relevanten Wirksamkeit schuldig blieb, haben einige Länder - auch in Europa - und die WHO eine neue Zielgruppe in's Auge gefasst: Schwangere.